Digitale Datenerhebung und -verwertung als Herausforderung für Medienbildung und Gesellschaft

Ein medienpädagogisches Diskussionspapier zu Big Data und Data Analytics

Das vorliegende Papier wurde für die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und die Initiative „Keine Bildung ohne Medien!“ (KBoM) entwickelt, um die Diskussion über einen sozialen und demokratisch verantwortungsvollen Umgang mit der fortschreitenden „Datafizierung“ der Gesellschaft zu befördern. Mit Datafizierung beziehen wir uns auf die Abbildung und Steuerung der sozialen Welt mithilfe digitaler Daten, wie sie gegenwärtig durch Begriffe wie „Big Data“ bzw. „Big Data Analytics“ zum Ausdruck kommt. Dieses Positionspapier weist auf wichtige gesellschaftliche Aspekte der Datafizierung und insbesondere der „Big Data Analytics“ hin, markiert die Schlüsselfunktion der Medienpädagogik und zeigt zukünftige Aufgabenfelder für sie auf.

Unser Verständnis von „Big Data“ und „Data Analytics“

Im Zuge der Entwicklung und Verbreitung leistungsfähiger Computertechnologien werden immer mehr analoge Informationen digitalisiert, also in Daten und Codes dargestellt und verarbeitet. Dadurch entstehen umfangreiche Praktiken der automatisierten Erhebung, Speicherung und Auswertung von Daten aus allen Lebensbereichen, die in verschiedenen Feldern genutzt und verwendet werden: in der Ökonomie, im Gesundheitswesen, in der Politik, in der Bildung etc. Die Datenmengen erreichen heute unvorstellbare Ausmaße („Big Data“) und können mit spezifischen Verfahren und Prozessen der Datensammlung, -verarbeitung und -auswertung („Big Data Analytics“) bearbeitet werden. Diese Analysen, die sich nicht nur auf große, sondern grundsätzlich auch auf kleinere personenbezogene Datenmengen beziehen lassen, werden aufgrund vorher definierter Fragen von Algorithmen vorgenommen. Automatisierte, teils selbstlernende Befehlsketten in Softwareprogrammen erlauben es, entsprechend der Interessen derjenigen, die die Analysen in Auftrag geben, Erkenntnisse zu generieren und auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen. Damit werden zahlreiche neue ethische und rechtliche Fragen aufgeworfen.

Gesellschaftliche Problemfelder

1) Privatheit und Öffentlichkeit

Im Umgang mit digitalen Diensten entwickeln sich neue Formen vernetzter, algorithmengesteuerter Privatheiten und Öffentlichkeiten. Dabei verschieben sich die Grenzen zwischen (scheinbarer) Privatheit und (personalisierter) Öffentlichkeit. Aussagen wie „Ich habe doch nichts zu verbergen!“ gründen auf der Annahme, dass Privatheit als Grundrecht und Öffentlichkeit als Grundbedingung demokratischer Prozesse nichts miteinander zu tun hätten. Doch diese Annahme erweist sich demokratiepolitisch als problematisch und erfordert Antworten, die den Zusammenhang im gesellschaftlichen Kontext verdeutlichen. Demokratie benötigt sowohl private Räume der Meinungsbildung, als auch öffentliche Räume eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses. Durch digitale Überwachung und das Prinzip der „Echokammern“ und „Filter Bubbles“ werden beide in Frage gestellt. Mit der Zunahme an speicherbaren Datenerhebungs- und Monitoring- bzw. Überwachungspraktiken in privaten und öffentlichen Räumen (Videoaufzeichnungen, Standorterhebungen, Mobilfunknetzanmeldungen, Kommunikationsmetadaten u.v.m.) werden auch ehemals eindeutige Grenzen der Privatsphäre zunehmend verwischt. Zu erwarten ist insgesamt, dass sich das Verhalten von Menschen verändert, die sich ihrer Überwachung bewusst sind, verändert dass ständig Daten über sie generiert und gespeichert werden. Die Tendenz geht in solchen Fällen zur Unauffälligkeit, zur statistischen Mitte, abweichendes Handeln wird nach Möglichkeit vermieden. Solche Effekte wirken einer ausgeprägten und demokratisch notwendigen Meinungsvielfalt entgegen. Ein ähnlicher Effekt ist bezogen auf die Wahrnehmung der Welt durch die algorithmisch gesteuerte Filterung von Aussagen, Nachrichten und Suchergebnissen zu erwarten. Was auf der einen Seite ein nützlicher Effekt der Selektion von Informationsfluten ist, führt auf der anderen Seite zu einer perspektivisch eingeschränkten Weltsicht und zu einer Reduktion der Informationsvielfalt.

2) Informationelle Selbstbestimmung

Für Nutzende digitaler Dienste ist es derzeit nahezu unmöglich zu erkennen, wer im Rahmen des Medienhandelns welche Informationen über die eigene Person erhält und wofür diese Informationen verwendet werden. Die gesammelten und ausgewerteten Daten sind dabei nicht nur im Moment der Erhebung relevant, sondern eröffnen auch Möglichkeiten einer vielfachen Wiederverwertung. Sie bleiben gespeichert und können später unter anderen Prämissen – ohne Kenntnis der Betroffenen – sowohl zur Identifizierung von Personen, als auch in Kontexten gebraucht werden, die die Einzelnen nicht vorhersehen konnten. Nach dem Leitgedanken der informationellen Selbstbestimmung sollte aber jede(r) selbst darüber entscheiden können, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Daten über ihn oder sie offenbart und ausgewertet werden und diese Entscheidungen auch nachträglich korrigieren dürfen. Aktuell sind derartige Kenntnis- und Einflussmöglichkeiten allerdings nur begrenzt bzw. häufig nicht gegeben.

3) Datenerhebungs- und -auswertungspraktiken

Daten werden an allen erdenklichen Orten, bei verschiedenen Inter- und Transaktionen, von unterschiedlichen Akteuren und zu unterschiedlichen Zwecken erhoben – in Sozialen Netzwerken, in Suchmaschinen, auf öffentlichen Plätzen, durch Internet-Konzerne, Organisationen (Bildungsinstitutionen, Krankenkassen, Energieversorger etc.), Geheimdienste usw. Alle diese Akteure nutzen Strategien der Datenanalytik – oder können dies zumindest prinzipiell. Die erhobenen, in der Regel personenbezogenen Daten, lassen Rückschlüsse auf Gesundheit, Konsumabsichten, politische Einstellungen, Qualifizierungen oder Herkunft einzelner Menschen oder Gruppen zu und können auch herangezogen werden, um Vorhersagen über zukünftige Zustände und Entwicklungen im Gesundheitswesen, im Bildungswesen, bei der Kriminalitätsbekämpfung etc. zu treffen („Predictive Analytics“). Die persönlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen sind immens, die Kontroll-, Mitgestaltungs- und Einflussmöglichkeiten dagegen beschränkt. Praktiken der Datenerhebung und -auswertung sind oftmals intransparent oder fallen aus Geschäftsinteresse und/oder Sicherheitsaspekten unter die Geheimhaltung.

4) Datenkapitalismus

Das Digitale ist zur globalen Infrastruktur geworden. Software und Informationen bilden die Grundlage globaler Konsum- und Finanzmärkte. Im Zuge dessen steigen auch die Anreize für Unternehmen, immer mehr Daten zu erheben und Datenströme interessengeleitet auszuwerten. Dies geschieht in allen Lebensbereichen, so z. B. beim Autofahren mit aktuellen Modellen als auch beim Kommunizieren in populären Sozialen Netzwerken. Dieser Erfassung kann man sich kaum entziehen. Um die Kommunikationsprozesse in der digitalen Gesellschaft nachvollziehen und bewerten zu können, bedarf es eines Grundverständnisses bezogen auf den Wert von Daten und die Geschäftsmodelle von Internetunternehmen. Die informationsökonomischen Hintergründe der kommerziellen Verwertung von Daten bleiben aber häufig (bewusst) im Dunkeln. So können der Handel mit personenbezogenen Daten und die mit der Datenanalyse verbundenen Wertschöpfungsprozesse nicht oder nur bedingt durchschaut und beurteilt werden. Erst vereinzelt agieren Wirtschaftsunternehmen im Sinne einer „Open Innovation“ und nutzen offene Datenformate („Open Data“), um Produkte und Unternehmensstrategien auf der Basis von Daten zu optimieren.

5) Menschliche Berechenbarkeit

„Big Data Analytics“ verändert die Sicht auf menschliches Handeln und auf den Menschen allgemein. So werden mithilfe von „Predictive Policing“ Ort und Zeitpunkt zukünftiger Straftaten vorhergesagt, Versicherungen können zukünftiges Risiko anhand individualisierter Prognosen bewerten und auch im Bildungskontext werden durch „Learning Analytics“ Lernwege berechnet. Wenn ein Mensch aber auf Grundlage von vorhergesagtem Verhalten bewertet wird, wird seine Handlungsfreiheit in Frage gestellt. Auch stellt sich die Frage nach der Willensfreiheit und Schuldfähigkeit des Einzelnen neu, wenn einem Menschen aufgrund von Korrelationen zwischen Daten Handlungsabsichten, Einstellungen oder Gruppenzugehörigkeiten zugeschrieben werden. Auf gesellschaftlicher Ebene können zudem neue Diskriminierungen entstehen, wenn eine Person beispielsweise von der Norm abweichende oder aus sicherheitspolitischer Perspektive verdächtige Datenspuren in sozialen Netzwerken, Suchmaschinen etc. hinterlässt.

6) Mensch-Maschine-Verhältnis

Menschliches Handeln wird in sozio-technischen Anordnungen immer mehr mit Handlungen nicht-menschlicher Akteure verwoben. Software führt Handlungen aus, die nur teilweise der Intention einer Nutzerin entspringen, wenn beispielsweise beim digitalen Spielen Geräte- und Standortdaten an diverse Server mitversendet und abgespeichert werden. Fragen der subjektiven Autonomie und Abhängigkeit stellen sich auf neue Art und Weise. Bei analogen Geräten ist weiterhin verhältnismäßig offensichtlich, wozu sie genutzt werden können, bei digitalen „Maschinen“ können die Nutzungsmöglichkeiten jedoch im Programm codiert und damit andere sein, als sie dem nutzenden Menschen an der Oberfläche erscheinen mögen. Eine Smartphone-App, die sich „Kamera“ nennt, kann vordergründig wie eine Kamera wirken, im Hintergrund aber die Adressbucheinträge und Fitnessdaten versenden oder den nicht intendierten Mikrofoneinsatz ermöglichen. Hinzukommt, dass Objekte und Medien zunehmend im Internet der Dinge vernetzt sind und miteinander kommunizieren. Dieses Miteinander von vernetzten und miteinander kommunizierenden Menschen und z. T. autonom agierenden Maschinen oder programmierten Einheiten geht über ein individuelles Werkzeughandeln hinaus. Es entstehen neue soziotechnische Systeme, die Fragen zum Verhältnis von Mensch und Maschine neu aufwerfen.

Schlüsselfunktion und Aufgabenfelder der Medienpädagogik

1) Abstraktheit, Unsichtbarkeit und Komplexität in Anschaulichkeit übersetzen

Die Medienpädagogik steht vor der Herausforderung, die technischen, wirtschaftlichen, sozialen und ethischen Dimensionen der Datafizierung in eine verständliche und eine den Zielgruppen angemessene Darstellung zu übersetzen. Handelnde Personen und Institutionen medienpädagogischer Praxis und Forschung sollen dabei eine eigene Schlüsselrolle im Diskurs nicht nur erkennbar formulieren, sondern das Feld durch medienpädagogische Forschung weiter erschließen und praxistaugliche Methoden für eine kritisch-reflexive und datensparsame Nutzung von Informationstechnologien entwickeln. Ziel praktischer medienpädagogischer Ansätze muss es sein, dass Personen ein aufgeklärtes Verhältnis zu diesen Entwicklungen erreichen, d. h., dass sie in der Lage sind, die Einflussnahme der datafizierten Umwelt auf ihr Leben zu erkennen und sich für die Gestaltung einer in wünschenswertem Maße datafizierten Zukunft zu engagieren. Die Herausforderung besteht darin, neue medienpädagogische Methoden zu entwickeln und bewährte Konzepte und Ansätze, z. B. Medienkritik, aktive Medienarbeit, journalistische und spielerische Annäherungen weiterzuentwickeln. Diese Übersetzung, das zeigen erste Erfahrungen, kann v.a. als konkrete Annäherung an einzelne Facetten des Themenfeldes gelingen.

2) Digitale Infrastrukturen durchschauen und demokratisch mitgestalten

Neben der Förderung eines kompetenten, datenkritischen Umgangs der Subjekte gilt es ihre gesellschaftliche Handlungsfähigkeit verstärkt in den Blick zu nehmen. Menschen müssen darin unterstützt werden, ihre Schutzbedarfe, Wünsche und Forderungen zu artikulieren und in die Prozesse der demokratischen Willensbildung, in die Etablierung verbrauchergerechter Kontrollinstanzen und auch in die Softwareentwicklung einzubringen. Medienbildung kann somit einen wichtigen Beitrag zur Politischen Bildung leisten. Da das Alltagshandeln immer mehr mit „Handlungen“ nicht-menschlicher Akteure verwoben ist und algorithmische Netzwerkarchitekturen zunehmend eigenständig „Entscheidungen“ treffen, sollte zukünftig nicht nur die Reflexion, sondern auch die (demokratische) Mitgestaltung der digitalen Infrastruktur selbst Gegenstand pädagogischer Bemühungen sein. Die Medienpädagogik sollte hier mit ihren Kenntnissen über Motive des Medienhandelns und damit verbundene Herausforderungen für die Subjekte stärker an der technologischen Entwicklung von Hard- und Software beteiligt werden und zur Reflexion der Eigenschaften verwendeter Hard- und Software beitragen. So gilt es diverse Funktionen und die Handlungsträgerschaft von Software transparent zu machen, um so eine Basis für informierte statt zufällige Softwareauswahl in der Praxis zu legen – z. B. in Form von entsprechenden Informationsplattformen. Sowohl inner- wie außerhalb medien-/pädagogischer Zusammenhänge kann dadurch gewährleistet werden, dass Technologien zur Verfügung stehen, die der Maßgabe von Datensparsamkeit und informationeller Selbstbestimmung weitgehend entsprechen. Die Medienpädagogik sollte ihre Expertise zur Entwicklung zielgruppengerechter Lösungen einbringen (können), z. B. im Hinblick auf verpflichtende und verständliche Anbieterinformationen über Auswertungs-verfahren, datenschutzfreundliche Voreinstellungen im Abgleich mit Nutzungsmotiven oder angemessene Prinzipien des „privacy by design“ (Datenschutz per Technik).

3) Meinungsvielfalt einfordern und Diskriminierungen anzeigen

Aktuell sortieren und entscheiden Algorithmen und automatisierte Analysen nach Vorgaben der Plattformanbieter darüber, welche Informationen online zu sehen sind und welche ausgeblendet werden. Sie steuern Datenflüsse und nehmen damit Einfluss auf die Meinungsvielfalt und erhöhen durch meist verdeckte Normsetzungen gleichzeitig das Risiko von Diskriminierungen. Die Medienpädagogik ist aufgefordert, Methoden zu entwickeln, die es ermöglichen, diese Prozesse kritisch zu thematisieren, Strategien und Methoden zur Sensibilisierung zu entwickeln und die auf Daten, Korrelationen und Wahrscheinlichkeits-rechnung basierenden Analysen und Interpretationen einer demokratieförderlichen, ethisch begründeten Prüfung zu unterziehen. Gleichzeitig müssen medienpädagogische Bemühungen diversitätssensibel angelegt sein, da die Nicht-Berücksichtigung benachteiligter Gruppen in Bildungsangeboten bestehende digitale Spaltungen vertieft.

*4) Die digitale Selbstbestimmung fördern *

Im Zuge aktueller technologischer Entwicklungen stellt sich die Frage, wie selbstbestimmt Menschen handeln und entscheiden können. Notwendig ist daher eine grundsätzliche gesellschaftliche Verständigung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen und zu welchen Zwecken Datenbestände analysiert werden dürfen, ob sie z. B. zur Analyse von Einstellungen, Interessen oder Verhalten der Bevölkerung herangezogen werden sollen oder ab wann Risiken für die individuelle Lebensentfaltung, das soziale Miteinander und die demokratische Willensbildung überwiegen. Dies schließt auch die Fragen ein, wo Grenzen individueller Verantwortung zu sehen sind und welche Schutz- und Einflussmaßnahmen es braucht, um angemessene, transparente und zielgruppengerechte Lösungen zu finden. Die Medienpädagogik ist daher einerseits aufgefordert, ihre Konzepte und Modelle gegenüber „Big Data Analytics“ und „Predictive Analytics“ zu schärfen und verstärkt Medienkompetenz im Sinne eines wissenden und kritischen Umgangs mit eigenen Daten und den Daten anderer zu fördern. Insbesondere braucht sie neue Konzepte und Methoden, um die ethischen Implikationen der neuen Berechenbarkeit des Menschen zu reflektieren. Konzepte wie Datensparsamkeit oder „Think before you post!“ erscheinen dabei vor dem Hintergrund der Funktionsprinzipien digitaler Dienste und der Auswertung von Metadaten wenig hilfreich. Digitale Selbstbestimmung kann nicht individualisiert werden, sondern ist auf einen (zivil-)gesellschaftlich verankerten Handlungsrahmen angewiesen ist, der diese ermöglicht. Datensparsamkeit ist z. B. ein Prinzip der Dienstegestaltung und obliegt somit nicht allein der individuellen Verantwortung der Nutzenden. Gefordert sind daher zuvorderst die Diensteanbieter und ggf. auch zu installierende Kontroll- und Prüfinstanzen.

5) Produktive und gesellschaftlich wünschenswerte Nutzungsformen ermöglichen

Die Medienpädagogik ist herausgefordert, sowohl für die pädagogische Praxis als auch für die Forschung Methoden zu entwickeln, die das sich verändernde Mensch-Maschine-Verhältnis reflektieren. Dabei geht es sowohl darum, das Zusammenwirken analog-digitaler Schnittstellen zu verstehen, als auch die Charakteristika und Funktionen, die sich aus Vernetzung und Analyse ergeben. Dazu müssen sowohl technische, informatikbezogene praktische Zugänge geschaffen werden, als auch Zugänge, die die ethischen Konsequenzen in den Blick nehmen. Die Nutzung digitaler Daten stellt allerdings nicht nur eine „Gefahr“ oder „Bedrohung“ dar, sondern Daten können ebenso für individuelle und gemeinnützige Zwecke in den Dienst genommen werden. Ein Feld, in dem medienpädagogisch mit Nutzungsformen experimentiert werden kann sind Open Data, also nicht personenbezogene Daten und Datensätze, die unter freien Lizenzen und frei nutzbar online stehen. Solche Daten können nicht nur in Bezug auf Datenschutz weitestgehend als unbedenklich eingestuft werden, sie sind auch als Material zum Erlernen eines versierten Umgangs mit Daten geeignet. Die Medienpädagogik ist dazu angehalten, auch solche Möglichkeiten in Projektkonzepten zu berücksichtigen, um auf diese Weise eine produktive Datenkritik im Sinne aktiver Medienarbeit zu ermöglichen.

Diskurse und bildungspolitisches Handeln

Die Komplexität der digitalen Gesellschaft lässt sich allerdings nur im Zusammenwirken pädagogischer Diskurse mit rechtlichen und politischen, technischen und wirtschaftlichen, medien- und kommunikationswissenschaftlichen Diskursen bearbeiten. Diese disziplinenübergreifende Bearbeitung des Phänomenbereichs wird bereits wahrgenommen (vgl. etwa die Dagstuhl-Erklärung mit der Gesellschaft für Informatik ); sie bedarf aber weiterführender Bemühungen wie auch strukturell verankerter Fördermaßnahmen. Die medienpädagogische Arbeit profitiert davon, wenn sich Medienpädagogik mit der eigenen Expertise in diesen interdisziplinären Austausch einbringt und zugleich Impulse aus anderen Disziplinen aufgreift.

Von Seiten medienpädagogischer Akteur(inn)en und Institutionen wird seit vielen Jahren konsequent die dauerhafte und nachhaltige Verankerung von Medienbildung in allen Bildungsinstitutionen gefordert (vgl. KBoM und das Medienpädagogische Manifest , Medienkompetenzbericht ). Die Notwendigkeit dieser Forderung zeigt sich mehr denn je angesichts der Folgen der Datafizierung für die Persönlichkeitsentfaltung, für die kulturelle und politische Meinungsvielfalt wie auch für das demokratische Miteinander. Die Beschäftigung mit Akteur(inn)en, Zielen und Verfahren der Nutzung digitaler Daten, des Einsatzes von Algorithmen und ihren politischen Implikationen ist eine notwendige Voraussetzung für die Partizipation an einem gesamtgesellschaftlichen Diskurs über das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Nutzen von Big Data (Analytics). Sie muss daher Eingang in den Katalog bildungspolitischer Forderungen finden. Die Medienpädagogik ist damit eine unverzichtbare Partnerin im Diskurs über die Herausforderungen der Datafizierung für das Individuum und die Gesellschaft.

Allgemeine Bemerkungen zum Text / fehlende Passagen etc.

  1. Dieser Beschluss ist in mehrere Abschnitte aufgeteilt worden.

  2. Mit Hilfe der Steuerelemente auf der rechten Seite können Änderungsvorschläge und Kommentare für die einzelnen Abschnitte gemacht werden.