Digitale Datenerhebung und -verwertung als Herausforderung für Medienbildung und Gesellschaft (Abschnitt 4)

Gesellschaftliche Problemfelder

1) Privatheit und Öffentlichkeit

Im Umgang mit digitalen Diensten entwickeln sich neue Formen vernetzter, algorithmengesteuerter Privatheiten und Öffentlichkeiten. Dabei verschieben sich die Grenzen zwischen (scheinbarer) Privatheit und (personalisierter) Öffentlichkeit. Aussagen wie „Ich habe doch nichts zu verbergen!“ gründen auf der Annahme, dass Privatheit als Grundrecht und Öffentlichkeit als Grundbedingung demokratischer Prozesse nichts miteinander zu tun hätten. Doch diese Annahme erweist sich demokratiepolitisch als problematisch und erfordert Antworten, die den Zusammenhang im gesellschaftlichen Kontext verdeutlichen. Demokratie benötigt sowohl private Räume der Meinungsbildung, als auch öffentliche Räume eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses. Durch digitale Überwachung und das Prinzip der „Echokammern“ und „Filter Bubbles“ werden beide in Frage gestellt. Mit der Zunahme an speicherbaren Datenerhebungs- und Monitoring- bzw. Überwachungspraktiken in privaten und öffentlichen Räumen (Videoaufzeichnungen, Standorterhebungen, Mobilfunknetzanmeldungen, Kommunikationsmetadaten u.v.m.) werden auch ehemals eindeutige Grenzen der Privatsphäre zunehmend verwischt. Zu erwarten ist insgesamt, dass sich das Verhalten von Menschen verändert, die sich ihrer Überwachung bewusst sind, verändert dass ständig Daten über sie generiert und gespeichert werden. Die Tendenz geht in solchen Fällen zur Unauffälligkeit, zur statistischen Mitte, abweichendes Handeln wird nach Möglichkeit vermieden. Solche Effekte wirken einer ausgeprägten und demokratisch notwendigen Meinungsvielfalt entgegen. Ein ähnlicher Effekt ist bezogen auf die Wahrnehmung der Welt durch die algorithmisch gesteuerte Filterung von Aussagen, Nachrichten und Suchergebnissen zu erwarten. Was auf der einen Seite ein nützlicher Effekt der Selektion von Informationsfluten ist, führt auf der anderen Seite zu einer perspektivisch eingeschränkten Weltsicht und zu einer Reduktion der Informationsvielfalt.

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